venezianische Schule

venezianische Schule
venezianische Schule
 
[v-],
 
 1) Malerei: Malerschule von Venedig, Bezeichnung für die in eigenständiger Entwicklung entstandene venezianische Malerei ab dem Trecento, die sich v. a. durch ihre Farbkultur und schimmerndes Licht, weniger durch Zeichnung und plastische Formgebung auszeichnet. Im Vergleich zum übrigen Italien blieb die Malerei in Venedig der byzantinischen Tradition (Maniera greca) am längsten verbunden. Die Auseinandersetzung mit der Gotik begann durch Paolo Veneziano im 14. Jahrhundert; Jacobello del Fiore und der zeitweilig in Venedig tätige Gentile da Fabriano waren die Hauptmeister des gotischen Stils. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts gelangten Einflüsse der florentinischen Frührenaissance mit P. Uccello und Andrea del Castagno nach Venedig. J. Bellini verarbeitete erste Anregungen in seinen Skizzenbüchern, die kleinfigurige Szenen in fantastischen Landschaften oder vor aufwendigen architektonischen Prospekten zeigen. Sein Sohn Giovanni Bellini verband Anregungen von A. Mantegna und Antonello da Messina zu einer feierlichen Ausdrucksweise in seinen v. a. der Madonna gewidmeten Altartafeln, während die Werke von Gentile Bellini und V. Carpaccio erzählfreudig das venezianische Leben widerspiegeln. Im 16. Jahrhundert erreichte die venezianische Malerei ihre größte Blütezeit. Mit der kurzen Schaffensperiode Giorgiones, der in sensualistischer Malweise Mensch und Natur vereint, wurden neue Möglichkeiten eröffnet und v. a. von Tizian zu höchster Verfeinerung geführt. Weitere Glanzpunkte bilden die mit leuchtenden Farben inszenierten Bilderzählungen von Paolo Veronese und die am römischen Manierismus orientierte malerische Vorstellungswelt Tintorettos. Stilistisch vergleichbar, doch stärker profanen Themen zugewandt ist das Werk von J. Bassano.
 
Im 17. Jahrhundert gingen die entscheidenden Impulse von Künstlern wie dem aus Vicenza stammenden F. Maffei, dem Deutschen J. Liss, dem Florentiner Sebastiano Mazzoni (* um 1611, ✝ 1678) oder dem Genuesen B. Strozzi aus, die mit ihrem reichen Farbempfinden einen neuen Höhepunkt der venezianischen Malerei im 18. Jahrhundert vorbereiteten: S. Ricci, G. B. Piazzetta und G. B. Tiepolo mit ihren Wand- und Deckenmalereien, deren farbig gestalteter Tiefenillusion und dem theatralisch aufgebauten Bildgeschehen. Die Vedutenmalerei Venedigs erreichte im 18. Jahrhundert mit Canaletto, B. Bellotto und F. Guardi ihre Vollendung.
 
 
Venedigs Ruhm im Norden. Die großen venezian. Maler des 18. Jh., ihre Auftraggeber u. ihre Sammler, hg. v. M. Trudzinski u. B. Schälicke, Ausst.-Kat. Niedersächs. Landesmuseum, Hannover (1991);
 
Die Accademia in Venedig. Meisterwerke venezian. Malerei, Beitrr. v. G. Scirè Nepi (a. d. Ital., 1991);
 R. Longhi: Venezian. Malerei (a. d. Ital., 1995);
 F. Pedrocco: Canaletto u. die venezian. Vedutisten (a. d. Ital., Antella 1995).
 
 2) Musik: eine Gruppe von Kapellmeistern und Organisten, die zwischen 1530 und 1620 in Venedig wirkten und in ihren Kompositionen wichtige Formen der Barockmusik ausprägten. Begründer war A. Willaert; weitere Vertreter waren C. de Rore, G. Zarlino, C. Monteverdi, C. Merulo, A. und G. Gabrieli. Sie pflegten die Gattungen Motette, Liedkanzone, Orgeltoccata und -ricercar, Sonate und Sinfonia und entwickelten, durch die räumlichen Bedingungen der Markuskirche begünstigt, die vokalinstrumental gemischte oder rein instrumentale Mehrchörigkeit. Ihr Stil ist durch gesteigerte Chromatik und kontrastreiche Klangwirkungen gekennzeichnet.

Universal-Lexikon. 2012.

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